Bisher war gängige Lehrmeinung, dass die Gefährlichkeit von Strahlung linear mit abnehmender Dosis fällt. Laut einer Mitteilung des Instituts für Strahlenbiologie am Helmholtz Zentrum München muss dies nun revidiert werden.
Selbst schwache Strahlung kann Veränderungen in der Zelle bewirken, die weit stärker sind als bisher angenommen. Das konnte im Stoffwechsel bestrahlter Zellen nachgewiesen werden (Cell reports 2015; 11 (3): 474-485).
Auch geringe Strahlendosen, die bisher als harmlos galten beeinflussen die Ausprägung bestimmter Botenstoffe. Ein Abschnitt der RNA lässt sich bereits durch sehr niedrig dosierte Strahlung aktivieren, dies reguliert wiederum die Expression von MAT2A, einem Tumor-Suppressor-Gen und steuert die Aktivierung oder Stilllegung von bestimmter Genen im Zellkern.
Ob die beobachteten Vorgänge einen Einfluss auf das Krebsrisiko haben, lässt sich bisher noch nicht sagen, wäre aber denkbar. Von Bedeutung ist momentan vor allem die Tatsache, dass es Strahlenwirkungen in einem Dosisbereich gibt, der bisher überhaupt noch nicht im Fokus stand. Auch gerinste Dosen bewirken physiologische Veränderung, die über den bisher bekannten Effekt der Genmutation weit hinausgehen.
Das bisherige Modell zur Wirkung von Strahlung und vor allem des Dosis-Wirkungsverhältnisses, verliert damit seine Gültigkeit. Diese Erkenntnis kann bei der Abschätzung der Wirkung von Strahlentherapie oder für den Arbeitsschutz Folgen haben. Weitere Studien sollen folgen.
Fazit: In diesen Studien geht es zwar um die sogenannte „ionisierende Strahlung“, zu der zum Beispiel Radioaktivität und kosmische Höhenstrahlung gehören, während die Funkstrahlung unserer kabellosen Anwendungen in den Bereich der nichtionisierenden Strahlung fallen. Trotzdem lassen sich interessante Parallelen ziehen. Strahlendosen, deren Wirkung man als ungefährlich einstufte, weil man deren Wirkmechanismus noch nicht kannte, müssen nun neu bewertet werden. Wahrscheinlich trifft dies genauso auf die nichtionisierende Strahlung zu. Auch hier werden dieselben Dosis-Wirkungsbeziehungen angewandt wie im Bereich der der ionisierendne Strahlung und diese Annahmen müssen offensichtlich revidiert werden. Wir können also davon ausgehen, dass es auch im Bereich der nichtionisierenden Strahlung bereits Wirkungen auf den Körper in einem Bereich gibt, der bisher als ungefährlich eingestuft wird, weil die Wirkmechanismen und Effekte bisher nicht ausreichend erforscht sind.
Die Erkenntnise sind Ergebnisse des Dark.Risk-Project von EURATOM, das zum Ziel hat, Strahlung im Zusammenhang mit chronischen Krankheiten wie Krebs, kardiovaskuläre und neurodegenerative Krankheiten zu erforschen.
2 Antworten bis jetzt ↓
1 Rainer Klute // Mai 12, 2015 at 10:37
Ja, die LNT-These, die eine lineare Dosis-Wirkung-Beziehung unterstellt, hat längst ausgedient und hatte es ursprünglich auch nur einem Wissenschaftsbetrug zu verdanken, überhaupt Bedeutung erlangt zu haben.
Forschungsergebnisse der 10 – 20 Jahre zeigen vielmehr, daß Schadwirkungen im Bereich der Niedrigstrahlung nicht nur wesentlich geringer ausfallen, als von der LNT-These prognostiziert, sondern sogar die gesundheitsfördernden Wirkungen überwiegen. Vereinfacht gesagt: Geringe Strahlung ist gesünder als keine Strahlung.
2 Sven van der Stok // Nov 16, 2015 at 07:16
Ein guter Artikel und gut zu wissen ….
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